Sport Austria - Interessenvertretung und Serviceorganisation des organisierten
Sports in Österreich.

1. Österreichisches Frauensport-Symposium "Advantage Ladies"

Das 1. Österreichische Frauensport-Symposium "Advantage Ladies", gemeinsam von Sport Austria, dem Österreichischen Tennisverband (ÖTV) und dem Upper Austria Ladies Linz initiiert, fand im Rahmen des Upper Austria Ladies Linz am 10.2.2023 statt. Unter dem Motto "Sichtbar. Gestärkt. Positioniert." soll das Thema "Gender Equality" im österreichischen Sport nachhaltig in den gesellschaftlichen, medialen und sportpolitischen Fokus rücken. Künftig wird "Advantage Ladies" alljährlich während des Linzer Damentennis-Klassikers stattfinden.

Bei dem hochkarätig besetzten ganztätigen Symposium im Linzer Design Center machten vor rund 200 Besucher:innen Vize-Kanzler und Sportminister Werner KoglerFrauenministerin Susanne Raab und Micky Lawler, der US-amerikanischen Präsidentin der Frauenprofitennisorganisation WTA, den Auftakt. Danach standen im Linzer Design Center im Tagesvorlauf noch die Perspektiven auf die Medienberichterstattung und die Sportpraxis auf dem Programm. Ein weiterer spannender Aspekt war das Thema Gene und Talent, beleuchtet von Univ. Prof. Mag. Dr. Markus Hengstschläger: „Gene werden manchmal etwas überbewertet. Gerade in Österreich reden die Menschen zu oft auch dann über Gene, wenn sie eine Ausrede brauchen", sagte der Genetiker und Autor. „Betreffend Talente kommt es immer darauf an, was man aus seinen Potenzialen macht. Bei Talenten müssen wir uns um den genetischen Unterschied zwischen Männern und Frauen nicht zu sehr kümmern, sondern uns darüber unterhalten, ob Männer und Frauen in ihren Begabungen auch gleich gefördert werden.“

Die Bundes-Sportorganisation Sport Austria wurde von Präsident Hans Niessl repräsentiert; für den ÖTV war Vize-Präsident Jürgen Roth dabei. Turnierdirektorin Sandra Reichel und Turnierbotschafterin Barbara Schett vertraten das Upper Austria Ladies Linz, Österreichs bedeutendstes Frauensportgroßereignis. Insgesamt standen im Laufe des Tages fünf Panels auf dem Programm. Irene Fuhrmann, Trainerin der österreichischen Frauenfußball-Nationalmannschaft, und Marion Maruska, die ÖTV-Sportkoordinatorin und Kapitänin des österreichischen Billie-Jean-King-Cup-Teams, hielten eigene Keynotes. Zu den prominenten Podiumsteilnehmer:innen gehörten darüber hinaus Autor und Genetiker Markus Hengstschläger und BM a.D. Maria Rauch-Kallat, Präsidentin des Österreichischen Paralympischen Committees (ÖPC). Als aktive Sportlerinnen waren Leichtathletin Verena Mayr, Tischtennis-Ass Liu Jia und Rollstuhltennisspielerin Christina Pesendorfer beim abschließenden fünften Panel vertreten.

Aus sportpolitischer Sicht kritisierte BM a.D. Maria Rauch-Kallat, die Präsidentin des Österreichischen Paralympischen Committees (ÖPC): „Das Ehrenamt ist weiterhin sehr von Männern geprägt. Das liegt daran, dass die Frauen auch abgeschreckt sind von den Strukturen in Sportvereinen. Diese Machtstrukturen sind Barrieren für Frauen, sich zu engagieren. Der zweite Punkt ist die Mehrfachbelastung als Herausforderung für Frauen in Führungspositionen – deshalb wagen sie den Sprung nicht. Ich halte es für essentiell, Female Leadership/ weibliche Führungsstile in männerdominierten Strukturen zu etablieren. Wir wissen aus der Forschung, dass mit einer Besetzung von einem Drittel der Frauen sich die Kultur grundlegend verändern würde. Das ist im Sport genauso wichtig wie in der Politik. Wir müssen das schnell ändern, ansonsten ist es den Frauen auch irgendwann zu blöd, sich dort durchzusetzen. Leider dauert es alles immer noch viel zu lange. Ich bin weiterhin ungeduldig. Es gibt noch so viel zu tun. Wenn es nach Leistung und Erfolg ginge, müssten zum Beispiel unsere Frauenfußballerinnen doppelt so viel verdienen wie die Männer.“

Studienautorin Maria Pernegger stellte am Mittag unter dem Motto „We want more – Frauensport im medialen Wettkampf" ihre Untersuchung mit dem Titel „Genderbalance in der Sportberichterstattung?" vor – ihr Fazit lautet: „Die Sportberichterstattung heimischer Massenmedien fokussiert stark auf Sportler (88%), Sportlerinnen sind mit nur 12% deutlich unterrepräsentiert. Unsere Untersuchung zeigt, dass man gerade im Sport noch weit weg von einer paritätischen Berichtskultur ist. Dieser Missstand ist nicht bloß ungerecht, er zieht zudem viele negative Folgeerscheinungen für Sportlerinnen nach sich, insbesondere finanzielle Nachteile. Im Sport herrscht eine enge Verflechtung zu Medien und Wirtschaft. Will man Schieflagen korrigieren, müssen sie alle mitziehen und ihren Beitrag leisten.“

Am Nachmittag stand der Blick auf die Sportpraxis im Fokus. Zu den Keynote-Speakerinnen aus diesem Bereich gehörten Marion Maruska (ÖTV-Sportkoordinatorin und Billie-Jean-King-Cup-Kapitänin) und Irene Fuhrmann, die Trainerin des österreichischen Fußball-Nationalteams der Frauen. Marion Maruska sagte: „Als ÖTV und Mitveranstalter des Frauensportsymposiums freue ich mich, dass ich unsere Initiative ‚Ladies in Tennis’ hier vorstellen durfte. Durch verschiedene Maßnahmen wie Workshops, ein Mentorinnen-Programm, Webinare und Schnuppereinheiten versuchen wir in den einzelnen Bereichen, Frauen nachhaltig für Tennis zu begeistern, Potentiale aufzuzeigen und damit auch andere Sportarten zu inspirieren.“

Fuhrmann, Österreichs „Trainer:innenpersönlichkeit des Jahres 2022", betonte: „Es war ein sehr gelungener Tag, ein großes Kompliment an alle Verantwortlichen des 1. Österreichischen Frauensport-Symposiums. Ich selber ziehe unheimlich viel positive Energie aus der Veranstaltung, und ich bin guter Hoffnung, dass wir weiter die Rahmenbedingungen für den Frauensport verbessern. Man hat gesehen, dass auf vielen verschiedenen Ebenen immer noch mit denselben Herausforderungen gekämpft wird. Ich habe mich in vielen Aussagen wiedererkannt, es geht ganz klar darum, das Bewusstsein der männlichen Entscheidungsträger weiter zu schärfen und mehr Frauen auf die Führungspositionen zu bringen. Da wir wissen, dass Frauen eher an sich zweifeln, braucht es manchmal sanften Druck, damit sie sich diese Positionen zutrauen."
 

Stimmen

Hans Niessl, Präsident Sport Austria (Österreichische Bundes-Sportorganisation): „In all meinen bisherigen Funktionen habe ich stets die Erfahrung gemacht, dass in jenen Bereichen, in denen die Anzahl der Frauen und Männer ausgewogen war, am Ende auch die Ergebnisse besser waren. Diese Erkenntnis habe ich auch von Anfang meiner Sport Austria-Präsidentschaft an in den Sport eingebracht und deshalb auch den Sport Austria-Frauenbeirat initiiert, der sich der grundlegenden Frage widmet, was getan werden muss, um die Stellung der Frauen im Sport verbessern zu können. Ein neuer, wichtiger Schritt, um diese Frage breit und sportartenübergreifend thematisieren zu können, ist nun das 1. Frauensport-Symposium ,Advantage Ladies‘. Diese gemeinsame Initiative der Bundes-Sportorganisation Sport Austria, des Upper Austria Ladies Linz und des ÖTV hat das Format, diesem so wichtigen gesellschaftspolitischen Thema des Sports Flügel zu verleihen. Das Symposium ist gekommen, um so lange zu bleiben, so lange Frauen im Sport nicht dieselbe Sichtbarkeit erlangt haben wie Männer."

Werner Kogler, Vize-Kanzler und Bundesminister für Sport, Kunst, Kultur und öffentlicher Dienst: „Ich freue mich, dass rund um das international bedeutsamste Frauen-Sportereignis Österreichs etwas Großes entsteht, das Frauen im Sport zu mehr Sichtbarkeit verhelfen wird. Einige meiner Schwerpunktsetzungen im Sport haben genau darauf abgezielt. Mit dem Gender-Trainee-Programm zur Ausbildung von Trainerinnen und Managerinnen, dem Förderprogramm ,Dream Teams‘ für die Frauenligen und einem Fördercall, der maßgeblich dabei half, zwölf neue Frauen-Sportprojekte zur Umsetzung zu bringen, sind ein paar Leuchtturmprojekte entstanden, die den österreichischen Sport nachhaltig verändern werden.“

Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien: „Das Damen-Tennisturnier in Linz ist längst einer der Fixpunkte im österreichischen Sportkalender und eine einzigartige Initiative zur Frauenförderung, die über den Sport hinausgeht – denn Frauenförderung ist kein Thema, das für sich alleine steht, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jedes Mädchen und jede Frau soll wissen, dass sie das werden kann, was sie möchte und sich in dem Bereich betätigen kann, der sie interessiert. Daher ist es wichtig, dass Mädchen und Frauen Vorbilder haben, mit denen sie sich identifizieren können. Das gilt auch und gerade für den Sportbereich.“

Jürgen Roth, Vize-Präsident des Österreichischen Tennisverbandes (ÖTV): „Als ÖTV ist es uns ein großes Anliegen, die Gleichberechtigung im Tennis weiter voranzutreiben und der Unterrepräsentierung der Frauen im Sport ein Ende zu setzen. Laut Analysen sind lediglich 16 Prozent aller ÖTV-Coach-Lizenznehmer:innen weiblich, 10 Prozent aller Personen im Schiedsrichterwesen (bei ÖTV-Chair-Umpires sind es 15 Prozent), 7 Prozent aller Personen im Funktionärswesen in den Tennisvereinen und knappe 9 Prozent bei den Turnierleiter:innen im Jahr 2021. Da müssen wir dringend ansetzen. Wir brauchen mehr Frauen im österreichischen Tennissport und auch im Sport allgemein.“

Sandra Reichel, Turnierdirektorin Upper Austria Ladies Linz: „Ich kenne die Perspektive auf den Frauensport aus allen Blickwinkeln – ob aus meiner aktiven Zeit als Profitennisspielerin, aus meinen 22 Jahren als Turnierdirektorin hier in Linz oder auch als Beraterin einer jungen Spielerin. Mir ist es ein Herzensanliegen, dass Frauensport den Stellenwert bekommt, den er verdient. Bei den Australian Open hat man gesehen, dass in Australien die TV-Einschaltquoten beim Frauenfinale besser waren als bei den Herren – das war für mich ein starkes Signal. Beim Upper Austria Ladies Linz habe ich mit meinem mehrheitlich weiblichen Organisationsteam, das ein bisschen exotisch ist in der Sportwelt, zahlreiche Initiativen gestartet – darunter Österreichs größte Nachwuchsinitiative ,1000 Tennisschläger für 1000 Mädchen‘, das ganzjährige Forum ,Ladies in Business & Sports' und jetzt auch ‚Advantage Ladies‘ – wir wollen einiges bewegen.“

Eindrücke

Fotos: Sport Austria/Florian Rogner